Wo wir gerade hinschauen, gibt es viel Meinung und Ahnung, die aufeinanderprallen. Besonders gern werden Meinungen auch mit Fakten verwechselt. Hastdunichtgesehen tun sich Gräben auf, die uns bis eben gar nicht bekannt waren. Du hast eine andere Meinung? Schnell mal einen vor den Koffer knallen und die eigene Position zementieren. Ist der Senf emotional schon aus der Tube? Dann schmiere ich ihn dir in deine Timeline. Enter und ab dafür. Wir schließen uns mit denen zusammen, die uns zustimmen. Wir wehren uns gegen andere Meinungen und versinken tiefer in unseren Grüppchen und Geschichten, wo es immer schwieriger wird, etwas anderes zu hören.

Stopp! Wie wäre es stattdessen mit einer Insel-Auszeit?

Über Hunderte von Jahren wurden streitende Mitglieder des schottischen MacDonald-Clans auf die Insel Ellean a‘ Chomhraidh geschickt und durften sie nicht verlassen, bevor ihre Streitigkeiten beigelegt waren. Die Streithähne wurden dorthin gerudert und damit sie sich schnell und friedlich einigen konnten, erhielten sie einen Vorrat an Käse, Haferkuchen und Whisky. Viel zu bieten hat der Ort übrigens nicht, ein paar Bäume, Felsen und Gestrüpp.

Beide Parteien mussten sich nun miteinander konstruktiv auseinandersetzen. Sie kamen von der trostlosen Insel nur herunter, wenn sie eine Einigung erzielten. Womöglich wurde den beiden schnell klar, was sie am meisten verband, nämlich der Wunsch, hier wieder wegzukommen.

Während sie also Whisky tranken und Käse und Haferkuchen aßen, bauten sie langsam Bindung zueinander auf (Das ist übrigens das erste Grundprinzip guter Facilitation: „Community building first, decision making second“). Vielleicht saßen sie dabei am Lagerfeuer und fingen an, über ihren Streit zu sprechen, über ihre Interessen und Beweggründe. Und vielleicht fand sich mit einer Geduld und Einsicht in der Position des einen ja doch etwas, das der andere nachvollziehen konnte? Die beiden hatten nichts zu verlieren außer ihrem gegenseitigen Misstrauen. Ganz langsam arbeiteten sie sich so zu einer gemeinsamen Vereinbarung vor.

Erst dann durften die beiden auf die Nachbarinsel Covenant segeln, um ihre Einigung zu formalisieren. Eine Lösung, die von den Menschen entwickelt wurde, die auch die Streitigkeit hatten, ganz ohne Stellvertreter.

1500 Jahre lang diente die Insel als ultimatives Mittel zur Konfliktbewältigung und hat erstaunlich friedliche Ergebnisse hervorgebracht. Kein Drama, keine Eskalation – nur ein paar Leute, die sich ins Gesicht sahen und mit Respekt, Verständnis, Käse, Haferkuchen und Whisky und ihren Konflikt klärten.