Manchmal bieten sich Momente besonders zum Innehalten und zur Reflexion an, zum Beispiel darüber, wie man arbeitet. So ging es mir vor kurzem als ich mich zu einer beruflichen Auszeit entschloß: Wie arbeite ich? Was macht mich aus? Und von wem habe ich was gelernt? 

Es waren vor allem zwei Personen, die mich geprägt haben. Beide traf ich am Anfang meines Arbeitslebens.

Zum einen war da Dr. Hans Maierski, der mir anfangs wie die Blaupause eines preussischen Vorgesetzten vorkam: „Sie können sich jeden Klops bei mir leisten, aber informieren Sie mich rechtzeitig, unaufgefordert und vollständig“. Die Worte „rechtzeitig“, „unaufgefordert“ und „vollständig“ kurvten seitdem wie drei Monde auf ihren Umlaufbahnen um meinen Kopf. 

Dr. Maierski war ein New Worker und Design Thinker, bevor diese Begriffe in aller Munde waren. Wenn du etwas nicht weißt, dann tauche ab in den Urschlamm („empathize“). Verlaß dich nicht auf bloßes Zahlenwerk, das dir zusammengekratzt vorgelegt wird. Frage die Leute, die es direkt betrifft. Wer außer ihnen sollte besser wissen, um was es geht und wie es genau funktioniert? Was würden sie als erstes verbessern, wenn man sie ließe? Weg vom Schreibtisch, hin zur Praxis. Auch heute tauche ich noch häufig in den Urschlamm. 

Er war ein Menschenfreund, der mitunter auch laut und impulsiv agierte und der Konfrontation nicht aus dem Weg ging. Dabei nannte er sich selbst gern Problemlöser. Er war ein Storyteller und Donaldist, der mich mitten in kniffligen Joint Venture Verhandlungen mit einer amerikanischen Firma bat, seine Lieblingsgeschichte von Rühreihausen zu übersetzen. So entstand die Legende von Scrumbled Egg City. Ob ich deshalb so gern mit Bildern und Metaphern arbeite?

Die zweite Persönlichkeit, von der ich viel gelernt habe, war Henk van der Ree, mein Chef bei einer italienischen Firma für Verpackungsmaschinen. Er legte mir eine große Portion Vertrauen und vor allem Leichtigkeit in die berufliche Wiege: „Geh da raus und habe Spaß. Habe keine Angst vor großen Tieren. Wenn die in den Schnee pinkeln, ist es auch gelb.“

Henk hatte eine unfassbar positive Lebenseinstellung, er zog jeden in seinen Bann. Er war ein Mentor, ein Filou und Schlitzohr, ein Verkäufertyp, dem man nichts wirklich krumm nehmen konnte. Auch in heikelsten Situationen konnte er den Druck rausnehmen. Er verstand, dass gegenseitige Schuldzuweisungen gar nichts bringen, sondern suchte immer das Gespräch. 

Es gibt eine legendäre Anekdote von ihm und einem damaligen Junior Sales Kollegen, die ihn auf den Punkt bringt: 

Bei einem Pharmakunden hatte eine wichtige Verpackungsmaschine einen Stillstand und beinahe wäre ein Mitarbeiter des Kunden durch einen Roboter verletzt worden. Krisensitzung. Nahezu 10 Manager saßen am Besprechungstisch und haben den jungen Kollegen zu Fragen der Sicherheit, Zuverlässigkeit und den Versprechungen unter Druck gesetzt. Dieser war allein, jung, unerfahren und wartete sehnsüchtig auf Henk, der jeden Moment aus Bologna ankommen sollte. Die Stimmung war auf dem Nullpunkt als Henk die Tür vom Meetingraum aufstieß und fröhlich wie immer Guten Morgen sagte. Ihm wurde sofort klar gemacht, dass hier über eine ernste Angelegenheit gesprochen wurde, weil Zusagen nicht eingehalten wurden. Daraufhin setzte Henk sich erst einmal und begann zu erzählen: „Gestern Abend musste ich mit osteuropäischen Kunden essen gehen und habe dementsprechend auch etwas getrunken. Morgens habe ich dann eine Kopfschmerztablette von Ihnen genommen und oh Wunder: die Kopfschmerzen sind immer noch da. Es gibt also auch hier Produkte, die gut sind, aber nicht immer sofort funktionieren. Also was ist das Problem und wie können wir helfen?“ Die Anspannung im Raum war sofort verschwunden, man lachte und wandte sich dann dem Problem zu.

Bei Henk gab es nie Langeweile, immer neue Ideen und eine ansteckende Lebenslust. Er war ein Visionär, der großen Spaß an seinen Ideen hatte, je verrückter desto besser. Er hat in jedem sein Potenzial erkannt. Ein herzlicher und emphatischer Zuhörer, der sein Wissen teilte, ohne zu bevormunden. 

Leider konnten mir Hans und Henk nicht mehr für eine Retrospektive zur Verfügung stehen. Ich bin beiden zutiefst dankbar. Sie haben mir Offenheit und Leichtigkeit mit auf den Weg gegeben, vor allem aber, wie wichtig es ist, Spaß bei der Arbeit zu haben.

Wer hat euch geprägt? Was möchtet ihr weitergeben?